Mittwoch, 10. Sept. 2025 at 06:55
September 10, 2025•232 words
2.1 Hybris im Krisenmodus – Miegels Fazit
Der Versuch, Hybris zu zähmen, hat mit der Aufklärung 1.0 begonnen. Doch die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen: Die alten Rezepte greifen nicht mehr. In seinem 2014 erschienenen Buch Hybris beschreibt Meinhard Miegel, dass viele Krisen immer wieder mit denselben Strategien bearbeitet werden – „immer mehr, immer größer, immer schneller“. Was in der Vergangenheit zu funktionieren schien, erweist sich heute als Sackgasse.
Eingangs zitiert Miegel Albert Einstein:
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“
Das gilt für ökologische Zerstörung ebenso wie für gesellschaftliche Spaltungen oder geopolitische Machtkonflikte. Dennoch verharren Gesellschaften im Krisenmodus. Dieser Zustand scheint paradoxerweise Sicherheit zu geben: Krisen sind vertraut, sie lassen sich in Routinen bewältigen, und am Ende kehrt man zum Alten zurück. Doch diesmal ist es anders. Wir stehen nicht mehr vor einer Krise, die vorbeigeht, sondern inmitten eines Paradigmenwechsels.
Es gibt keine Blaupausen. Weder Institutionen noch politische Programme können auf bewährte Muster zurückgreifen. Was gefragt ist, so Miegel, ist etwas anderes: ein Höchstmaß an Einfühlungsvermögen, an Improvisationsfähigkeit und an Anpassungsbereitschaft.
Damit wird sichtbar, dass die Aufklärung 1.0 an ihre Grenzen gestoßen ist. Ihre Errungenschaften sind wertvoll, doch sie bieten keine ausreichende Orientierung für die Zukunft. Die Diagnose von Miegel bildet so die Brücke zur Aufklärung 2.0: der Versuch, Hybris nicht mit alten Rezepten zu bändigen, sondern mit einer neuen, offenen und lernenden Denkweise.