Scharf sehen, genau sehen, deutlich sehen. Unsere Art die Welt zu
betrachten ist Punktgenau und immer gleich. Das innere des Auges
offeriert eine Unmenge an Lichtrezeptoren, doch wir begnügen uns mit dem
Gelben Fleck (lat. Macula lutea). Immer versuchen wir etwas so zu sehen
wie wir es gewohnt sind, wie wir es früher gelernt haben. Damit verfallen wir in die Warnehmung anstelle der Wahrnehmung.
Diese Zeichnung des Elephanten macht dies deutlich. Wir sehen den
Elephanten und aus unserer Erinnerung, da wir ja schon mal ein
Elephanten gesehen haben, wissen wir, dass er vier Beine hat. Von weitem
sehen wir also einen Elephanten mit vier Beinen, doch beim genauen
Betrachten fallen wir aus unserer gewohnten Wahrnehmung. Angestrengt
versuchen wir die Beine mit unserer Erinnerungen zu vereinbaren.
Schlussendlich müssen wir akzeptieren, dass dies was neues ist. Damit
wurde gerade jetzt eine neue Nervenverbindung in deinem Gehirn gebildet.
Jedesmal, wenn wir etwas mit neuen Augen betrachten, beschenkt uns
unser Körper mit neuen Strukturen im Gehirn. Wir bekommen wieder wie
Kinder, voller Energie, Lebenslust, Begeisterung. Sag dir jeden Tag: "Es
könnte alles auch ganz anders sein". Dies ist der erste Schritt um aus
dem Alltagstrott auszubrechen.
Versuche doch einmal mit offenen
Augen durch die Welt zu gehen. Mach einen Spaziergang und sehe alles wie
zum ersten Mal. Fühle, rieche und lass die Vibrationen in deinem
gesamten Körper resonieren. Ganz interessant kann es sein bei Dämmerung
das ganzheitliche Sehen zu üben. Lass deinen Blick unscharf werden,
versuche die ganzen 180° wahrzunehmen. Lass dich von den neuen
Eindrücken überraschen und widerstehe der Versuchung dich auf
Neuentdeckungen sofort scharf einstellen zu wollen. Oft sehen wir ein
Licht, eine Form in den Augenwinkeln, doch sobald wir dort hinschauen
verschwindet das Gesehene.
Brich nun aus, aus deinem Käfig, sei frei - JETZT.
Der Panther
Im Jardin des Plantes, ParisSein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.(1902/03, aus: Neue Gedichte)
Unsichtbar der Wind, doch da, streicht er über deine Haut
fühle ihn, offen, wie ein Kind, das in Gedanken grosse Sachen baut
einmal leise, kaum zu hören, in dieser Eigenheit mag er kaum stören
manchmal stark, erschütternd mit Getöse, wühlt er auf, zermürbt dein Gekröse
dann ganz sacht er legt sich wieder, in den Schlaf, streckt seine Glieder