We're all born naked...
November 3, 2025•803 words
Alkohol ist keine von den Drogen, die man konsumiern sollte, um gute Texte zu produzieren - aber einen Versuch ist es ja trotzdem wert. Bevor ich zum eigentlichen Thema komme: Stichwort Drogen: Guayusa. Ich war vor kurzem mit einer Freundin wandern - soweit das im Flachland moeglich ist. Auf der fruehmorgendlich organisierten Tour hatte ich, der herbstlichen Temperaturen wegen, Tee dabei. Guayusa. Eine Pflanze, die in manchen suedamerikanischen Kulturen vor der Jagd konsumiert wurde. Aehnlich wie bei Mate Tee soll der hohe Koffeingehalt wach halten und das Herz-Kreislauf-System wie auch die innere Beobachtungsgabe aktivieren. Vor ca. zwei Jahren habe ich das Gebraeu einmal auf die richtige Art zubereitet und war danach sehr ueberrascht, wie Reiz-sensibel man davon wird: Jede noch so kleine Bewegung in meinem Blickfeld wurde sofort in den Fokus gerueckt und bewusst registriert. Toll fuer die Jagd - weniger toll fuer die Jagd nach Lebensmitteln im Interspar Wien Mitte.
Die Geschichte habe ich natuerlich erzaehlt, als ich gefragt habe "Moechtest du einen Schluck?". "Also ist das eine Droge?"
Ich finde es immer wieder Spannend was der War on Drugs ausgeloest hat. Kaffee, Alkohol, Nikotin - die "guten" Drogen. Naja - mit dem Thema beschaeftige ich mich ein anderes mal (genauso wie mit den, durch mein eigenes Tastatur-Layout induzierten "Rechtschreibfehlern" die sich in der Ermangelung der Umlaute aeussern).
Eigentlich wollte ich ueber Selbstbewusstsein schreiben.
"Hey Burschen, werdets ihr noch mehr?"
So wurde ich heute in einem Lokal begruesst, in dem ich meine Konservativen-LARP Gruppe zum Kartenspielen getroffen habe. Clearly als fem erkennbar zaehlt man wohl immer noch zu den "Burschen" - oder ich wurde ignoriert. Ich wuesste jetzt gerade nicht einmal was davon mir lieber waere.
Wie dem auch sei: ich hab so oder so darueber hinweggesehen. Auf dem Weg dorthin kam mir ein Gedanke, den ich trotz seiner Offensichtlichkeit als unglaublich spannend empfunden habe. Begonnen hat der Gedankengang am Wiener Guertel mit einer Erinnerung an den neulichen Ausflug in feministischen Deuschrap: D.R.A.G. von Sookee. Gemeinsam mit dem etwas platten Motto der Pride "March with Pride", kam ich nicht darum herum zu erkennen, was Kleidung und die richtige Musik fuer einen Selbstewusstseinsboost ausloesen koennen. Amuesanterweise habe ich das letztens auch mit zwei Freundys diskutiert: Ich neige zur konstanten Agitation. Wenn ich nicht mit meiner Meinung oder meinem Auftreten irgendwo anstosse fuehle ich mich fehl am Platz. Das hat zu der wunderbaren Aussage gefuehrt "Der Bruch mit dem System ist Teil meiner Identitaet", als ich versuchte zu ergruenden woher das kommt.
Die Erkenntnis (mit dem Selbstbewusstseinsboost) mag trivial klingen, aber etwas einen kurzen Moment lang tiefer zu verstehen, ist trotzdem stets ein Ereignis. Wenn ich mich so kleide, wie ich mich wirklich wohl fuehle, gehe [auch zu diesem Wort folgt bald noch ein Post, Stichwort Dialekt] ich anders, trete Menschen anders gegenueber. Wenn ich mich durch Stiefel und Mantel fuehle als waere ich Trinity, Neo, Morpheus oder Harley Quinn - radikal und unbesiegbar - und dann noch Musik in den Ohren habe, die das unterstuetzt, schreite ich angstlos und ohne Zweifel an den fraglichsten Ecken vorbei, denen ich sonst ausweichen wuerde. Offensichltich weder straight noch cis - und trotzdem gehen Menschen, vor denen ich sonst in aehnlichen Outfits Angst haette, proforma zur Seite. Spannender dabei finde ich aber, dass ich ihnen dadurch auch weniger antagonistisch begegne. Gegenseitige Akzeptanz und Respekt.
(Substanzinduziertes?) Interludium: Ich hasse es ja, dass wir uns dazu entschieden haben, spezial Kleidung (manche nennen es "Kostueme") zu besitzen. Verkleiden kann und tut man sich jeden Tag. Wenn die Pride naehrer-rueckt, habe ich Probleme ein Outfit zu finden. Ich moechte ja etwas, das ich sonst nie in der Oeffentlichkeit anziehen wuerde, weil das die Kleiderordung zu sein scheint. Erfolg hatte ich noch nie. Einige Freundys haben letztes Jahr beim Anschauen der Bilder angemerkt: "Das waren so coole Outfits. Eures war auch sehr cool. Echo, du siehst aus wie immer." Ich habs als Kompliment genommen. Nie werde ich aufhoeren anzumerken, dass unsere Welt soviel bunter und interessanter waere, wenn Menschen das anziehen wuerden, was ihnen wirklich im tiefsten Innersten gefaellt.
We're all born naked, the rest ist D.R.A.G. - Sookee und Rue Paul behalten Recht. Selbstbewusstsein - nicht Egomanie - ist zwar zu 90% Kopfsache. Natuerlich waere es moeglich auf 100% zu gehen - Stoizismus und Vipassana haben aber die Wenigsten zu 100% durchgezogen. Wenn aber die letzten 10%, in denen die koerperlichen Empfindungen auf das Bewusstsein rueckkoppeln, auch mitspielen; da ensteht ein Selbstbewusstsein, das sich nicht auf Abgrenzung zu anderen stuetzt. Da ensteht ein kleines Bisschen Freiheit in einer Welt voller Zaeune.
P.S.: Der sprachliche Stil ist hier vom exzellenten Blog eines Genossen geklaut: Falsche Zeit, Falscher Ort. Definitiv persoenlicher und natuerlicher als sonst - ungewohnt; aber es ist definitv amuesant so zu schreiben ^^ Und damit melde ich mich mit einem letzten Schluck vom estnischen Pfefferschnaps ab. Schoene Woche ;)