Montag, 27. Okt. 2025 at 16:05
October 28, 2025•234 words
4.1.1 Merkel in Ungarn 2025 – Rückkehr einer alten Vernunft
Angela Merkel sprach in Ungarn über Vernunft. Über Verantwortung. Und über das, was verloren zu gehen droht, wenn Politik nur noch reagiert.
Es war kein großer Auftritt, kein rhetorisches Feuerwerk, sondern ein stilles, präzises Nachdenken über die Funktion des politischen Handelns in einer Zeit der Überforderung.
Merkel sprach von Zeitgewinn, so wie sie es schon in ihrer Bewertung des Minsker Prozesses getan hatte. Damals hatte sie gesagt, dass Minsk II dazu diente, Zeit zu gewinnen – nicht, um den Konflikt zu verschleppen, sondern um Handlungsspielräume zu eröffnen, in einer Situation, in der militärische und politische Optionen gleichermaßen erschöpft waren.
In Ungarn 2025 klang diese Formel wie ein Echo aus einer anderen Zeit. Sie stand dort, wo Europa längst neue Linien gezogen hatte – eine Union, die sich nach innen verhärtet und nach außen fragmentiert hatte. Merkel erinnerte daran, dass der Sinn des Politischen nicht im Durchsetzen, sondern im Vermitteln liegt.
Doch ihre Worte trafen auf ein Klima, das keine Zwischentöne mehr duldet. Die einen sahen in ihr das Relikt einer abgewirtschafteten Ära, die anderen die Mahnerin einer verlorenen Vernunft. Dass sie in Ungarn sprach, dem Land, das längst zum Symbol für Europas innere Spaltung geworden ist, war kein Zufall.
Es war eine stille Intervention – ein Versuch, Erinnerung zu stiften an die Möglichkeit einer Mitte, die nicht laut sein muss, um zu wirken.