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Mi 06.04.2022

Beim Frühstück frage ich mich, ob es leichter für F. wäre, wenn ich ein Vogelhäuschenbauer aus dem Schwarzwald wäre. Ich habe die romantische Vorstellung, dass F. in Sägespänen spielt. Sie erklärt mir, dass Vogelhäuschen einfach aus Pappe zu bauen sind.

Nachdem ich ein improvisiertes Mittagessen viel zu schnell verschlungen habe, fehlt mir die Kraft für eine dramaturgisch wichtige Dialogszene. Ich muss die Szene immer und immer wieder im Kopf "ablaufen" lassen und die drei Hauptfiguren müssen jeweils ihr Innerstes offenbaren, ohne, dass es ausgesprochen wird. Unlösbar für den Moment. In der Mittagspause schlafe ich bei C. und F. ein und schrecke nach einer Stunde auf, weil ich vergessen habe, die Einladung für die Lesung an den Uni-Verteiler zu schicken. Ich schreibe noch, während F. schon wieder wach ist. C. will, dass ich F. aufwecke, weil sie sonst abends nicht einschläft. In überforderter innerer Stille schreibe ich einfach weiter. Das Krokodil ist wieder da.

Abends fahre ich mit dem Rad nach Lichtenberg in das Tonstudio von D., mit dem ich die Musik für die Lesung erarbeite. Ich wusste gar nicht, dass Berlin ein VIETNAMESISCHES VIERTEL hat. Ich gehe in einen Brutalismus-Bau, dessen Scheiben in der untergehenden Sonne Orange reflektieren. Überall Müll und Beklemmung. Mit dem nach Asche stinkenden Fahrstuhl fahre ich in den fünften Stock und rufe nach D., der nicht mehr ans Telefon geht. Am Ende des Flurs ist ein Fenster heraus gebrochen. Es liegt einfach so in den Flur hinein gekippt - keiner zuständig. Irgendwann findet D. mich und bringt mich neben einer Tür, hinter der jemand seine Gitarre zu martialischem Geschrei bearbeitet, in einen geräumigen, sauberen Studioraum mit vielen Instrumenten und teurer Technik, wie in eine andere Welt. D. hat beeindruckende Ideen und wir komponieren bis spät in die Nacht Alles durch. Auf dem Nachhauseweg höre ich mir eine Drehbuch-Podcast-Folge 3x an. Der Sprecher sagt, er mache sich nie Notizen, sondern schreibe immer seine "Scene of the day". Was für eine starke Setzung. Ich beschließe, das zu imitieren und nur noch an einer Szene pro Tag zu arbeiten.

Als ich nach Hause komme, ist C. noch wach, weil F. bis vor Kurzem nicht eingeschlafen ist. Ich habe ein schlechtes Gewissen und setze mich zu ihr. Wir reden, bis wir beide müde sind. Es dauert nicht lange.


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