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Sa 16.04.2022

Garten 1

Das Osterfest feiern wir diesmal im Garten von F.s Urgroßeltern. Obwohl wir genug Zeit für alles und genug zu essen haben, liegt Unruhe in der Luft. Ich kenne das Gefühl aus meiner Kindheit: Obwohl man sich gegenseitig Entspannung und Ruhe versichert, plant man im nächsten Satz den nächsten Arbeitsschritt, den nächsten Programmpunkt - oder schweigt sich beklommen an.
Ich schmunzle in mich hinein, als ich mit dem Schwieger-Vater und dessen Vater eine Plastikplane über den großen Außenpavillon zerre. Für den Rest des Tages vertäue ich mich am Grill, Holzkohle. Das Fleisch gelingt fantastisch, das Gemüse in den Aluschalen braucht zu lange. Weil der Grill schon mal läuft, brate ich Alles fertig und esse zwischendrin den MILKA-Schoko-Hasen, den F. bei der Ostereiersuche gefunden hat. Ich will den Hasen allein für mich haben und bin vom Geschmack enttäuscht.
Meine Eltern schicken die üblichen süßlichen Whatsapp-Grüße, die hier mit einem gewissen Unwillen zur Kenntnis genommen werden. Ich schüttle den Kopf genauso über das verkitschte Bemühen meiner Familie um Whatsapp-Harmonie, wie über diese plumpe, sektgeschwängerte Hemdsärmeligkeit der Schwiegerfamilie. Was auf der einen Seite "Zuwenig" ist, scheint auf der anderen "Zuviel". Ich sitze neben meinem Grill im Asche-Wind und wünsche mir zugewandtes Interesse, aber andererseits ... sitzt nicht vielleicht jeder gerade neben "seinem" Grill im Aschewind und wünscht sich zugewandtes Interesse? Dann ist das Ostergrillen "abgehakt" - anders nennt das hier niemand, auch ich nicht - und wir fahren im Taxi zurück nach Berlin.

Wieder Zuhause macht C. sich für eine Party fertig. Eine Freundin holt sie ab und ich bin ganz hingerissen von der lebendigen Energie zwischen den aufreizend geschmückten Frauen. Dann gefalle ich mir in der Rolle des Spaßverderbers und fordere die beiden auf, endlich zur Party aufzubrechen: Ich will am Laptop die farbigen "Karteikärtchen" in meiner Drehbuchsoftware sortieren und trage dabei "Ladungsverhältnisse" ein: Wenn sich eine Szene nach positivem Start zum Schlechten entwickelt, entsteht das Ladungsverhältnis + (Anfang) und - (Ende). Wenn ich diese Ladungswechsel bewusst einsetze, kann eine tolle Dynamik für das Abschlussdrehbuch entstehen. Jetzt schaue ich noch die Hälfte von MURIEL von Alain Resnais und freue mich über seine Lust am Zertrümmern und wieder Zusammensetzen von Filmkonventionen. Ein filmisches "Aufatmen" wie lange nicht mehr!


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