Sein und Zeit §9 - Das Thema der Analytik des Daseins
September 11, 2022•314 words
Das Dasein hat zwei Charakteristiken, die als Ausgangspunkt der Analyse dienen:
(1) Vorrang "existenzia" vor der "essentia"
Das Was-Sein (essentia) muss, sofern überhaupt davon gesprochen werden kann, aus seinem Sein (existenzia) begriffen werden.
An dieser Stelle erklärt Heidegger den Begriff "existenzia". Er macht klar, dass dieser Begriff nicht in seinem herkömmlichen Sinne gemeint ist. "existenzia" im herkömmlichen Sinne meint das Vorhandensein von etwas. "Etwas existiert" <=> "Etwas ist vorhanden". Heidegger meint mit "existenzia" dagegen einen Daseinszustand. "existenzia" meint damit den Zustand, dass es dem Sein um sich selbst geht. "Das Wesen des Daseins ist Existenz".
(2) Die Jemeinigkeit des Daseins
Eine klarere Schreibweise: Je-meinigkeit, je-meines. Die Jemeinigkeit meint, dass jeder nur über sein eigenes Dasein sprechen. Dasein ist je meines. Es ist daher nie zu fassen als ein Exemplar einer Gattung. Damit ist gemeint, dass ich vom Dasein nicht abstrahieren kann (=eine Gattung bilden) weil ich immer nur von je meinem eigenen Dasein sprechen kann. Die Jemeinigkeit ist ein Strukturmerkmal des Daseins.
Diese zwei Charakteristiken dienen als Ausgangspunkt für die Analyse dahingehend, dass gefragt werden muss, welche Auswirkung diese Charakteristiken auf die Analyse haben.
Weiterhin muss das Dasein in seiner Gerichtetheit auf seine Möglichkeiten beschrieben werden. Dasein ist je seine Möglichkeiten und hat sie nicht nur noch eigenschaftlich als Vorhandenes. Die Möglichkeiten des Daseins sind also nicht als Eigenschaft einer Substanz zu verstehen sondern man hat es bereits direkt mit dem Dasein zu tun. Dasein ist also vorallem Möglichsein.
Wie findet sich das Dasein selbst vor? Es findet sich zunächst in einer Indifferenz gegenüber seinem Sein vor, in einer von ihm zunächst gar nicht thematisierten Welt. Was daher am Dasein auffällt ist, dass es nicht auffält. Und in jeder Theorie ist diese Alltäglichkeit bereits übersprungen. Diese Indifferenz die wir die meiste Zeit gegenüber unserem eigenen Sein besitzen ist eine Charakteristik des Daseins. Heidegger nennt diese Indifferenz Durchschnittlichkeit.
Heidegger nennt die Seinscharaktere des Daseins "Existenzialien".